Die Umfragen behielten Recht. 62 Prozent der Stimmen, die am Sonntag, dem 4. September 2022 in den Wahllokalen Chiles abgegeben wurden, waren gegen die neue Verfassung. Diese war von 154 vom Volk freigewählten Vertretern geschrieben worden. Sie sollte endlich Schluss machen mit den Gesetzen aus der Zeit von Diktator Pinochet (1973-1999). Heben wir hervor, dass seit dessen Herrschaft Grundrechte wie Bildung, Gesundheit, Rente, Zugang zu sauberem Wasser in privater Hand liegen. Auch haben die indigenen Gemeinschaften wie etwa die von Niños de la Tierra unterstützten Mapuche kein Selbstbestimmungsrecht.
Unsere chilenischen Freunde, die seit gut 40 Jahren für die Menschen der Armenviertel Sorge tragen, sind entsetzt über das Wahlresultat. «Es hat sich in den vergangenen Monaten wieder gezeigt, welche Macht das Kapital hat, um millionenschwer Kontrapropaganda gegen die Verfassung zu finanzieren », schreibt unsere Freundin Karoline Mayer, treibende Kraft der Fundación Cristo Vive, des größten Sozialwerkes Chiles.
Gabriel Boric, der neue Präsident, seit März 2022 im Amt, hat eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Doch aufgeben will der 36 jährige, neue linke Hoffnungsträger und frühere Studentenleader nicht. Deshalb hat er sein Kabinett umstrukturiert und umstrittene Politiker durch moderatere ersetzt. Er möchte sein schmales Land am Ende Südamerikas vom Neoliberalismus hin zu einem sozialen Rechtsstaat führen, Er wird versuchen, einen neuen Verfassungsprozess anzustoßen mit gemäßigteren Gesetzen. Damit diesmal seine Politik einen starken Rückhalt im Volk findet.
Musik- & Kunstschule in Achupallas, einem Armenviertel in Viña del Mar/Chile
„Nichts übersteigt so sicher und selbstverständlich die rein materielle Basis unserer Existenz wie Musik. Selbst in äußerster Verzweiflung kann Musik uns über den Moment hinausheben – nicht gleich zu Gott, aber wenigstens weg von einer simplen Sicht der Dinge, die nur Messbares, Wiegbares, Betastbares kennt, die also nur Physik und Chemie, Verwesung und Würmer zu sehen vermag. Die Sphäre der Musik ergreift die Menschen aller Zeiten und aller Länder, und sie erhebt sie über sich selbst hinaus – ins Land der großen Illusion?“ Manfred Lütz (2009)
Diese starken Worte sollen noch einmal den universellen Wert von Musik hervorheben und damit die Sinnhaftigkeit der Finanzierung einer Musikschule gerade in einem Armenviertel. Ausbildungen in Musik und Kultur im Allgemeinen sind durchaus nachhaltige Wege der Entwicklungsarbeit.
Auf individueller Ebene ist eine musikalische Ausbildung ein Kapital, aus dem man ein Leben lang schöpfen kann. Dabei sind eine Reihe positiver Nebeneffekte zu nennen u.a. Aneignung von Disziplin, Anregung von Kreativität, Entwicklung des Gehirns, soziale Beziehungen nicht nur zwischen Gleichaltrigen, sondern über alle Altersklassen hinaus.
Niños de la Tierra begleitete das deutsch-chilenische Ehepaar Michaela und Eduardo Cisternas-Weyand schon vor 1998, dem Gründungsjahr der Schule. Eduardo, Musiker und in Achupallas aufgewachsen, hat Niños de la Tierra damals vom Projekt überzeugt. Michaela initiierte als Sozialarbeiterin die soziale Ausrichtung der Schule, die mit ihren vielfältigen kulturellen Aktivitäten in- und außerhalb des Stadtteils ein wichtiger Motor für die Integration der Kinder und Jugendlichen in die chilenische Gesellschaft ist.
Leider ist nach mehr als 20 Jahren die Finanzierung der Schule noch immer nicht gesichert. Dies hängt mit dem chilenischen System der Vergabe von Subventionen und Unterstützungen zusammen. Jedes Jahr müssen alle Akteure in der Kulturszene erneut die Gelder beantragen, mit denen sie im Vorjahr ihre Aktivitäten finanzieren konnten. Und auch wenn ein Jahr erfolgreich abgeschlossen wurde und alles beim Alten bleibt, wird doch wieder staatlicherseits beurteilt und verglichen mit stets wechselndem Personal und somit wechselnden Meinungen. Für das Jahr 2022 muss die EPA mit weiteren finanziellen Einbußen rechnen und ist wieder einmal vom Staat allein gelassen. Um die negativen Folgen für die Musikschüler aufzufangen, versuchen wir (die EPA und Niños de la Tierra) verstärkt die Praxis der Patenschaften zu entwickeln.
Wir möchten Sie, liebe SpenderInnen, dazu aufrufen, mit monatlich 30€ eine Patenschaft für eine(n) SchülerIn während mindestens einem Jahr zu übernehmen. Mit einer solchen monatlichen Überweisung auf unsere Bankverbindung CCPLLULL LU751111089773480000 mit dem Vermerk „Patenschaft EPA“ können Sie ganz gezielt und nachvollziehbar helfen. Durch regelmäßige Patenschaftsberichte bleiben Sie informiert und können sich ein Bild über die Fortschritte der Schüler machen. Wenn Sie es wünschen können Sie auch eine Patenschaft für ein bestimmtes Kind übernehmen.
Die Qualität des Unterrichts ist sehr gut. Gerne können Sie mit folgendem Link in das Konzert hineinhören, das eine Gruppe EPA-Schüler, zu Besuch in Deutschland und Luxemburg, 2017 im Echternacher Trifolion spielten:
ORGANISATORISCHE STÄRKUNG UND VERBESSERUNG DER LEBENSBEDINGUNGEN INDIGENER GEMEINSCHAFTEN IN DER GEMEINDE LAUTARO
1.- COVID 19
Das Land und die Region Araucanía haben einen erheblichen Rückschlag bei der Bekämpfung der Epidemie erlitten. Die Ansteckungen sind beinahe so hoch wie vor 6 Monaten und zwingen die Regierung, Entscheidungen zu treffen, die wiederum Einschränkungen bedeuten werden.
Ein hoher Prozentsatz der Gemeinden des Landes wird ab Donnerstag, dem 14. Januar, unter Quarantäne gestellt, einschließlich Temuco. Etwa 8 Millionen Einwohner werden wieder in ihren Häusern isoliert bleiben. In Chile gab es bereits zwei neue Coronavirus-Stämme, die durch die Illusion einer schnellen Impfung verdeckt wurden. Es wird mindestens 6 Monate dauern, bis der erforderliche Prozentsatz der Bevölkerung geimpft ist, um gute Ergebnisse zu erwarten.
In Temuco mussten – aufgrund mangelnder finanzieller öffentlicher Unterstützung – die Minderbemittelten, trotz angedrohter hoher Haftstrafen, auf der Suche nach wirtschaftlichem Lebensunterhalt auf den Straßen mit ihrem Kleinhandel weitermachen, was zu einer hohen Viruszirkulation führt. Hygienekontrollen sind sehr selten und haben es nicht geschafft, die Ausbreitung von Infektionen zu stoppen.
2.- Situation in Temucuicui
In der Region La Araucanía, insbesondere in der Gemeinde Ercilla, die als Zentrum des Konflikts „Der chilenische Staat gegen die Mapuche-Organisationen“ bezeichnet wird, ist eine Situation eingetreten, die im ganzen Land hohe Wellen geschlagen hat.
In den letzten Tagen überfiel ein Kontingent der chilenischen Ermittlungspolizei, bestehend aus 850 Mann, die von Fahrzeugen, Hubschraubern, Drohnen und Kriegswaffen unterstützt wurden, die indigene Gemeinschaft von Temucuicui. Diese ungewöhnliche Operation mit einem solchen Aufgebot wurde offiziell gerechtfertigt, da sie einen Einsatz gegen den Drogenhandel darstelle.
In der Tat sollen 1.000 Marihuana-Pflanzen gefunden worden sein. Seltsam ist nur, dass die Aktion zur gleichen Zeit durchgeführt wurde, als ein Gericht in Angol die Verurteilung der Mörder von Camilo Catrillanca, einem Mitglied der Temucuicui-Gemeinschaft, verkünden sollte.
Eine weitere merkwürdige Tatsache ist, dass in Chile niemals ein Kontingent dieser Größe zur Kontrolle des Drogenhandels eingesetzt wurde, auch nicht in städtische Sektoren wie den Armenvierteln von Santiago, die als Verteilungszentren eingestuft sind.
Bei dieser ungewöhnlichen Operation starb ein Polizist, der von Kriegsgeschossen getroffen wurde. Der Ursprung der Schüsse, die seinen Tod verursachten, ist jedoch noch nicht bekannt, aber es wird gesagt, dass sie aus der Gemeinde stammen. Die Frage nach der Gültigkeit der offiziellen Informationen ist weiterhin offen, da die Razzia nur die Existenz dieser Marihuana-Pflanzen enthüllte und nichts anderes, was auf die Existenz einer „hohen Feuerkraft“ hinweisen würde, wie die Behörden angegeben haben.
Bei dieser Polizeiaktion wurden Mutter, Frau und Tochter (7 Jahre alt) von Camilo Catrillanca verhaftet, weil sie sich der Razzia widersetzt hatten, d.h. für drei Mapuche-Generationen dieselbe Gewalt.
Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass die exzessive Operation das Ziel hatte, die Mapuche-Gemeinschaften erneut einzuschüchtern und zu kriminalisieren.
In Bezug auf die Durchführung unseres Projekts können wir darauf hinweisen, dass die Kommunikation mit den Nutznießern des Projektes aufrechterhalten werden konnte. Die Quarantäne, von der die Gemeinde Lautaro noch immer betroffen ist, hat jedoch die Möglichkeit weiterer Fortschritte, insbesondere der geplanten Schulungstreffen, eingeschränkt.
Andrerseits kann das kleine Guthaben, das in den Rotations-Fond investiert werden soll, nicht verwendet werden, da aktuell in der Region schwerwiegende Mängel in Bezug auf den Nachschub von vielen Produkten gibt, die normalerweise von unseren Nutzern gekauft werden.
Sobald sich die beschriebene Situation normalisiert hat, werden wir die Ausführung des Fonds abschließen, sofern die hygienischen Bedingungen das Öffnen der Läden erlaubt.
Andererseits schätzen wir, dass die Möglichkeiten, die regelmäßigen Treffen abzuhalten und die für einen Zeitraum von mehr als einem Monat geplanten Support-Workshops zu entwickeln, erneut eingeschränkt werden.
Überwältigende Mehrheit votiert für die Überwindung der Pinochet-Verfassung
Von Martin Ling, Neues Deutschland 26.10.2020
»Es lebe Chile, verdammte Scheiße.« Mit diesen Worten beschloss der Enkel von Salvador Allende seine Botschaft im Kurznachrichtendienst Twitter zum Ergebnis des Referendums in Chile. Pablo Sepúlveda Allende ist wie sein Großvater Arzt, lebt und arbeitet in der venezolanischen Hauptstadt Caracas. Vorausgeschickt hatte er seine Einschätzung: »Für mich hat dieser überwältigende Triumph eine symbolische Bedeutung, denn heute hat das chilenische Volk das katastrophale Vermächtnis Pinochets auf den Misthaufen der Geschichte geschickt.«
Nicht nur bei Allende in Caracas schlugen die Emotionen hoch. Tausende Chilen*innen strömten nach den ersten Ergebnissen auf die Plaza Italia in Santiago, die seit dem Beginn der Protestbewegung am 18. Oktober 2019 in Platz der Würde (Plaza de la dignidad) umgetauft wurde. Auch wenn die Bewertungen von »einer demokratischen Lektion für die Welt« bis zu »ein bittersüßer Sieg, der zu viele Menschenleben gekostet hat« reichten, war man sich doch einig: Die Verfassung von 1980 aus der Pinochet-Diktatur (1973-90) hat endlich ausgedient und gedient hatte sie ja ohnehin nur den oberen Zehntausend.
Das Plebiszit hatte die rechte Regierung von Sebastián Piñera zugestanden, nachdem es seit dem 18. Oktober 2019 monatelang zu Massenprotesten im Land gekommen war, denen erst die Corona-Pandemie die Spitze nahm. Dabei wurden mehr als 30 Menschen getötet und über 200 Menschen verloren ihr Augenlicht durch Hartgummigeschosse der Polizei.
Ausgelöst wurden die Proteste durch eine Erhöhung der Fahrscheinpreise im öffentlichen Nahverkehr um 30 Pesos – umgerechnet drei Cent. »Es geht nicht um 30 Pesos, es geht um 30 Jahre«, lautete einer der auf den Demos gerufenen Slogans. Es geht in Chile in der Tat um die Folgen von 30 Jahren neoliberaler Politik, die nach Ende der Pinochet-Diktatur 1990 nahezu bruchlos fortgesetzt wurde. Strom, Wasser, Bildung, Gesundheits- und Rentensystem wurden unter General Augusto Pinochet privatisiert. Die sozialen Strukturen des demokratischen Sozialismus, aufgebaut unter Salvador Allende, wurden zerschlagen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, weil die Verfassung von 1980 jeder größeren Veränderung einen Riegel vorschob.
Das Ergebnis ist eindeutig: Chiles Bevölkerung hat die Verfassung satt. 78,3 Prozent stimmten für eine neue Verfassung, nur 21,7 Prozent wollen an der Verfassung von Pinochet festhalten. Auch die Mindestbeteiligung von 50 Prozent wurde erreicht.
Ursprünglich war das Referendum für April angesetzt, wegen der Coronakrise wurde die Abstimmung jedoch auf Oktober verschoben. Die Chilen*innen mussten auch entscheiden, wer eine mögliche neue Verfassung entwerfen soll: eine gemischte Versammlung, zusammengesetzt aus Abgeordneten und Bürgern, oder eine reine Bürgerversammlung mit 155 Mitgliedern. 79 Prozent sprachen sich für die zweite Variante ohne Politiker*innen aus, was das tiefe Misstrauen gegenüber der politischen Klasse zeigt, die 30 Jahre keine Anstalten gemacht hat, die Verfassung aus der Diktatur infrage zu stellen. Dafür sorgte erst der Druck der Straße. Das Verfassungsgremium soll im April 2021 gewählt werden; über den von ihm erarbeiteten Entwurf soll dann im Jahr 2022 ein erneutes Referendum abgehalten werden.
In der Protestbewegung gibt es aber durchaus Skepsis. Nicht wenige halten den Prozess einer verfassunggebenden Versammlung für eine Falle der Regierung: Reform der Verfassung ja, aber ohne das neoliberale Modell wirklich anzutasten. Piñera hat schon zehn Punkte genannt, die seiner Meinung nach in eine neue Verfassung unbedingt reingehören. Darunter findet sich die Rolle der traditionellen Familie und der privaten Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Mit den Forderungen der Protestbewegung lässt sich das nicht vereinbaren: Schluss mit dem privaten Rentensystem, kostenlose Bildung, Gesundheitsversorgung für alle.
Ein Kommentar von Schwester Karoline Mayer, Recoleta, Santiago de Chile:
Sicher kam das Ergebnis unseres Plebiszit bei euch in den Nachrichten.
Der 25. Oktober 2020 wird in die Geschichte Chiles eingehen: 78% der Wähler haben sich für eine neue Verfassung entschieden, die ohne die Beteiligung von Abgeordneten („Parlamentarios“) von einer verfassungsgebenden Versammlung geschrieben wird.
Von den insgesamt 436 Kommunen Chiles haben 431 mit grosser Mehrheit für eine neue Verfassung und nur 5 Kommunen mehrheitlich für die Pinochet-Verfassung gestimmt: davon 3 Kommunen der Reichenviertel Santiagos, was mich sehr traurig macht, weil sie damit die enorme soziale Spaltung in unserem Land vor aller Augen gezeigt haben, weit ab von sozialer Gerechtigkeit und dem Willen zur Überwindung unserer Klassengesellschaft mit all ihren Privilegien.
Dennoch ist die Freude des Volkes unbeschreiblich. Viele Pobladores in unserer Siedlung hoffen, – auch wenn sie selbst vielleicht wenig davon abbekommen werden – dass ihre Kinder und Enkel ein würdigeres Leben haben werden.
Karoline Mayer berichtet zur Lage in ihren Einrichtungen in Bolivien, Chile und Peru
19.10.2020
Die vergangenen sechs Monate der Pandemie zusammen mit dem sozialen Aufbruch im Land schienen den Menschen um uns herum in den Poblaciones manchmal unerträglich und oft hoffnungslos. Aber dafür haben wir zum Trost der Menschen die Türen der Gemeinde Cristo Vive offengehalten, ebenso unser Gemeindehaus, in dem jeden Sonntag unter der Leitung unseres Mitbruders Elias und Schwester Teresa zusammen mit ehrenamtlichen Gemeindemitgliedern ein gutes Mittagessen für 500 bis 600 Bedürftige gekocht wird. Auch andere Leute in der Siedlung haben sich zusammengetan und Suppenküchen aufgemacht. Überrascht haben uns dabei die vielen solidarischen Initiativen!
Für mich persönlich waren diese Monate seit Mitte März eine Herausforderung der Liebe Gottes. Die ersten Monate ging ich noch ins Büro, als aber die Not der Leute in unserer Siedlung wuchs, entschloss ich mich, den institutionellen Dienst hauptsächlich von Zuhause aus zu machen, um gleichzeitig zusammen mit Maruja den Kranken und Bedürftigen, die jeden Tag an unsere Tür kommen, in ihrer Not beizustehen.
Bei allen Einschränkungen haben unsere Mitarbeitenden in der Fundación Cristo Vive versucht, die Menschen, mit Hilfe von Annekathrins Kampagne hier in Chile und durch Spenden von unseren luxemburger, schweizer und deutschen Freunden, zu unterstützen
Seit Wochen gibt es kaum neue Ansteckungen in unserem Gesundheitszentrum und dennoch wird die Angst vor einer 2. Welle hochgehalten.
Wir haben in diesen schwierigen Monaten keinen unserer Mitarbeiter entlassen, obwohl der Staat keinen Cent für unsere Berufsschulen gezahlt hat, die im ersten Semester 600 junge Menschen in einem Beruf ausbilden sollten.
Wie ihr wisst, begann am 18.Oktober 2019 in Chile ein sozialer Aufstand, der erwirkt hat, dass sich die verschiedenen Parteien mit der Regierung auf eine Volksabstimmung einigen konnten, die über die Möglichkeit der Erarbeitung einer neuen Verfassung entscheiden wird. Unsere jetzige Verfassung wurde Chile im Jahr 1980 von der Diktatur gegeben, eine Verfassung, die eine totale neoliberale kapitalistische Wirtschaftspolitik gesetzlich verankert. 30 Jahre Demokratie mit 6 Mitte-links Regierungen konnten daran fast nichts ändern. „Chile despertó!“, „Chile ist erwacht“, rief unser Freund, der aus der Oberschicht stammende bekannte Arbeiterpriester, Mariano Puga, vor genau einem Jahr. Nach einer Verschiebung des Termins wegen der Pandemie wird nun am nächsten Sonntag, den 25.Oktober, diese wichtige Volksabstimmung stattfinden.
Ich selbst wie auch Maruja denken, dass wir zusammen mit unseren Mitarbeitern in dieser schweren Zeit privilegiert sind. Mit Maruja leben wir seit fast 50 Jahren unter den Armen. Wir haben die Möglichkeit anderen in ihren Nöten beizustehen. Manchmal hilft ihnen schon, dass sie sich bei uns ausweinen können. Oft erlebe ich auch kleine Wunder: Nach der Beerdigung ihrer Mutter übergibt mir die Tochter das übrig gebliebene Morphium. Ich wollte es in unser Gesundheitszentrum bringen, habe es aber vergessen. In der darauffolgenden Freitagnacht ruft mich ein junger Freund verzweifelt an, dass er unbedingt Morphium, vom Arzt per Telefon verordnet, für seine schrecklich leidende Mutter brauche. Woher es jetzt ohne Rezept bekommen? Da war es – das vergessene Morphium!!! Ein Nachbar, dem ich für sein schlimmes Augenleiden einen Augenarzt besorgt hatte, brachte uns eine schwere Kiste mit Lebensmitteln „für eine Familie in Not“. Perplex frage ich ihn, „und deine Familie?“. „Ich selbst habe noch Arbeit und das Bedürfnis mit anderen zu teilen.“
Die Pandemie traf Bolivien in einer Zeit schlimmer politischer Unruhen mit Verfolgung ehemaliger Regierungsträger und andererseits mit heftigem Widerstand des Volkes. In der Erwartung auf das Wahlergebnis an diesem 18. Oktober hat sich das Land etwas beruhigt und für unsere Mitarbeiter ist seit ein paar Wochen der Alltag in unseren Diensten eingekehrt. Nur die Kindertagesstätten sind weiter geschlossen. Doch wir hoffen, dass auch diese bald wieder öffnen dürfen, denn für die Familien ist diese Situation eine schwere Belastung. Zum Glück können wir auch wieder mit den Schulkindern in den Kulturzentren Sumaj Yachay und Chocaya arbeiten. Wir hoffen, dass die rund 550 SchülerInnen unserer Berufsfachschule Sayarinapaj in Bella Vista das Schuljahr schaffen, auch wenn dieses statt im November, voraussichtlich erst im kommenden Januar enden wird. Unser Team um Tilme, das den Familien in Tirani und Andrada beim Anbau ihrer Felder beisteht, blieb fast alle Monate durchgehend bei der Arbeit, sodass inzwischen schon geerntet werden kann. In der Zeit der Pandemie war es besonders schwer, unsere Puriskiris, die 85 alten Menschen von der Straße, zu begleiten. Aber die Mitarbeiter unter der Leitung von Rosario haben alles nur Mögliche für sie getan, wie auf dem Foto zu sehen ist.
Bei den heutigen Wahlen hat das bolivianische Volk entschieden, den Weg sozialer Gerechtigkeit weiterzugehen.
In Cusco war die Arbeit unserer Mitarbeiter in den vergangenen Monaten sehr schwer, da die offiziellen Einschränkungen, vor allem der Bewegungsfreiheit, unverständlich hart waren. Elf Frauen, die mit ihren Kindern im Haus Sonqo Wasi aufgenommen werden sollten, haben es nicht geschafft, die Hindernisse zu überwinden, um zu uns zu kommen. Dennoch haben sich unsere Mitarbeiter eingesetzt, notleidende Familien mit Lebensmitteln zu versorgen, ebenso mit Hilfe einer Spende von „Niños de la Tierra“ konnten Sauerstoffflaschen besorgt werden, um mittellosen Covid- Erkrankten beizustehen. Wir erwarten nun, dass bald Normalität einkehrt.
Angesichts der alarmierenden und sogar katastrophalen Gesundheitssituation in vielen Städten und Regionen Boliviens, Chiles und Perus und angesichts der sozialen Lage großer Teile der Bevölkerung – kleine Gelegenheitjobs, ungelernte Arbeitskräfte, Straßenhändler – ohne soziale Sicherheit oder ein reguliertes Gesundheitssystem sind viele Menschen nach drei Monaten Ausgangssperre / Quarantäne finanziell am Boden und müssen Tag für Tag kämpfen, um die Grundbedürfnisse ihrer Angehörigen zu gewährleisten.
Aus diesem Grund richten wir diesen Spendenaufruf an Sie, um unseren Partnerverbänden bei der Unterstützung der Bedürftigsten und Schwächsten zu helfen.
Bitte versehen Sie Ihre Spenden an unser CCPL LU75 1111 0897 7348 0000 mit dem Zusatz: „don covid-19“.
Vielen Dank für Ihr Engagement
Vu la situation sanitaire alarmante voir catastrophique (lire les articles précédents) dans maintes villes et régions de Bolivie, du Chili et du Pérou et vu la situation sociale d‘une grande partie de la population – petits emplois d‘occasion, travailleurs non qualifiés, commerce informel – sans sécurité sociale ni système de santé réglementé, beaucoup de gens sont, après trois mois de confinement/quarantaine, financièrement à bout et doivent lutter au jour le jour afin d‘assurer les besoins élémentaires de leurs proches.
C‘est pourquoi nous vous adressons cet appel aux dons pour accompagner nos associations partenaires à soutenir les plus nécessiteux et les plus vulnérables.
Veuillez munir vos dons à notre CCPL LU75 1111 0897 7348 0000 de la mention „don covid-19“.
Une version française du présent article est disponible ici (Info 2-20)
Wir haben in den ersten Monaten der Pandemie unsere Partner in Bolivien, Chile und Peru gefragt, wie sich die Gesundheitskrise in ihrem Land entwickelt und welche Auswirkungen sie auf das Alltagsleben hat. Hier nun, stellvertredend für alle, 3 dieser Berichte:
Situation in Cochabamba / Bolivien
von Rodrigo Aramayo Mercado, ANAWIN 05.05.2020
Das Sozial- und Gesundheitssystem in Bolivien ist nicht in der Lage, sich mit der Intensität der COVID-19-Krise auseinanderzusetzen. Es verfügt weder über eine Strategie noch über Humanressourcen oder eine angemessene Infrastruktur.
Aus diesem Grund hat die Regierung eine nationale Quarantäne verhängt, die die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und sozialen Aktivitäten des Landes fast vollständig lahmgelegt hat.
Die Maßnahmen der derzeitigen Übergangsregierung zielen jedoch nicht nur auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit ab, sondern sind auch ein Instrument der politischen Zensur. Es ist in der Tat eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung während eines von der globalen Pandemie blockierten Wahlprozesses.
Offiziell gab es Anfang Mai nur 1.802 bestätigte Infizierte von COVID-19 in Bolivien mit insgesamt 11.501.900 Einwohnern. Da nur 117 Tests pro Tag durchgeführt werden, wird diese Zahl, die von der Regierung als Eindämmungsmodell propagiert wird, von Experten ernsthaft in Frage gestellt, die schätzen, dass die Zahl der Betroffenen viel höher ist.
Angesichts der durch die Quarantäne auferlegten Beschränkungen organisierten sich die indigenen Gemeinschaften und griffen auf den Tauschhandel mit Lebensmitteln zurück, eine alte vorspanische Praxis. Dieser Geist des Zusammenhalts sowie die Gewohnheit der autarken Produktion ermöglichten es den Gemeinden, die Probleme der Nahrungsmittelversorgung mehr oder weniger zu lösen, trotz der unzureichenden finanziellen Hilfe der Regierung, die 70 USD pro Familie nicht übersteigt.
Es sind die Migrantengemeinschaften in den Ballungsräumen, Zonen mit vorwiegend armen Familien, die am stärksten unter den Folgen der Quarantäne leiden. Diese Menschen können nicht mehr das Geld verdienen, das sie für ihren täglichen Lebensunterhalt benötigen. In Gemeinden wie Korihuma, einem Stadtteil am Rande der Gemeinde Sacaba, arbeitet etwa 65% der aktiven Bevölkerung zwischen 18 und 60 Jahren in Haushalten, beim Bau oder betreiben Strassenverkauf oder bekleiden anderer informelle Arbeitsplätze. Fast alle mussten ihre Aktivitäten während der Quarantäne einstellen. Zu Hause zu bleiben, bedeutet für diese Menschen, nicht mehr zu wissen, wie man überlebt. Die überwiegende Mehrheit dieser schutzbedürftigen Haushalte erhält keine staatlichen Beihilfen und ist vollständig vom Schock und den Folgen der Pandemie betroffen.
Unter den Gemeinden, die in den oberen Regionen des Departements Cochabamba leben, arbeiten Kleinbauern trotz der Einschränkungen weiter in ihren Parzellen. Es ist die Zeit der Kartoffelernte und diese Aktivität trägt zur Produktion von Lebensmitteln für die Städte bei.
ANAWIN setzt führt seine Projektaktivitäten weiter, mit den durch die Quarantäne bedingten Einschränkungen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden erhebliche Fortschritte bei der Verbesserung der Ernährungssouveränität in Montecillo und Chapisirca erzielt. Es gab Organisations- und Schulungsarbeiten für die Vorbereitung von Terrassen, Kleingärten, Gewächshäusern und von Gehegen für das Vieh. Diese Vorbereitungen und die ständige Unterstützung der ANAWIN-Techniker ermöglichten es, den Begünstigten des Projekts, die Produktion von Gemüse und die Installation von Obstgärten fortzusetzen.
Die Betreuung durch die ANAWIN-Techniker geschieht telefonisch und über soziale Medien. Die geplanten Aktivitäten sollten je nach landwirtschaftlichem Zyklus verschoben werden. Der Kalender für diese Aktivitäten muss daher neu geplant werden. Das ANAWIN-Team hat sich in der Zwischenzeit auf die Erstellung alternativer Bildungs- und Schulungsmaterialien wie Handbücher, Broschüren und Lernspiele konzentriert.
Bei der Wiederaufnahme der Aktivitäten nach der Quarantäne sind gezielte Maßnahmen unerlässlich, um die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen (insbesondere Wasser und Boden), den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Stärkung der Lebensmittelversorgung in ländlichen und städtischen Gebieten quer durchs Land zu gewährleisten.
Situation in Temuco / Chile
von Roberto Mansilla, FUNDECAM 10.05.2020
Die Region Araukarien war eine der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Regionen und war zu einer Zeit die Region mit der höchsten Infektionsrate im Land im Verhältnis zur Bevölkerung. Die Gemeinde Temuco gehört zu den am stärksten infizierten Gemeinden.
Glücklicherweise gibt es keine neuen Ausbrüche und ein etwas kontrolliertes Wachstum wurde beibehalten. Wieder einmal ist klar geworden, wer, wie in diesem Fall, die Kosten für Umwelt-, Sozial-, Wirtschafts- und Gesundheitsrisiken trägt. Heutzutage hat insbesondere in der Metropolregion Santiago die Zahl der Infektionen merklich zugenommen, was zu einer fast vollständigen Quarantäne geführt hat. Und dieser Anstieg ist in den am stärksten gefährdeten Gemeinden und Stadtteilen am größten, in denen eine Quarantäne nicht praktikabel ist aufgrund der Überbevölkerung und der Schwierigkeiten bei der Deckung der Grundbedürfnisse, die diese Bevölkerung dazu zwingen, nach täglichen Ressourcen zum Überleben zu suchen.
In diesem Sinne ist die aktuelle Botschaft der Regierung widersprüchlich, da sie der Rettung der Wirtschaft eine größere Bedeutung beimisst als der des Gesundheitssektors. Es gibt offensichtliche Anstrengungen, Einkaufszentren zu eröffnen und die industrielle Aktivität wieder aufzunehmen, sowie ein unverständliches Interesse, die Kinder wieder in ihre Schulen zu holen.
Die vor wenigen Tagen auferlegte totale Quarantäne führte dazu, dass wir die Aktivitäten von FUNDECAM auf unbestimmte Zeit einstellten, insbesondere diejenigen, die Fahrten zu und Kontakt mit den Mapuche-Gemeinschaften beinhalten. Es ist uns gelungen, die Gemeinden von Vilcún, die Teil unseres Projekts sind, zu kontaktieren, um die Mechanismen festzulegen, die unter diesen Umständen eingesetzt werden können.
Die Gemeinschaften hatten bereits bestimmte Garantien festgelegt, um eine Kontamination zu vermeiden, was Einschränkungen beim Zugang zu ihrem Hoheitsgebiet implizierte. Infolgedessen baten sie uns, nur telefonisch zu kommunizieren.
Wir haben diese Entscheidung voll und ganz respektiert und geteilt. Die Telefonberichte, die wir regelmäßig durchführen, zeigen uns, dass es bis heute dort keine größeren Schwierigkeiten gibt, selbst wenn sich eine erhebliche Anzahl infizierter Personen in der Gemeinde befindet. Die Gemeinden sagen uns, dass sie gewisse Vorteile haben, weil sie für bestimmte Lebensmittel mit ihrer kleinen Produktion autark sind und so das Einkaufen in städtischen Zentren vermeiden.
Im Fall des Kindergartens in Vilcún richtet sich die Situation nach den Bestimmungen der Schulbehörde, die über die vollständige Schließung der Schulen entscheidet. An bestimmten Tagen werden nur einige grundlegenden Aktivitäten wie die Lieferung von Lebensmitteln für Kinder, die im Kindergarten eingeschrieben sind, aufrechterhalten. Dieses Essen wird in Form von Rationen pro Kind geliefert, die die Eltern in der Schule abholen müssen, die erst an den Liefertagen des Essens geöffnet wird.
Auf der pädagogischen Seite bereiten die Lehrkräfte Hilfsmaterialien für die Kinder zu Hause vor und verteilen sie, um mit ihnen und ihren Familien in Kontakt zu bleiben.
Die gleiche Vorgehensweise gilt auch für die Trañi Trañi-Schule, mit dem Unterschied, dass die Schule Lebensmittel und Bildungsmaterialien zum Wohnort der Schüler liefert. Dies aus Rücksicht auf die weit verstreute Lage ihrer Häuser.
Die Regierung ist bestrebt, diese Einstellung der Aktivitäten zu beenden, um Anzeichen für eine Rückkehr zur Normalität zu zeigen. Dies führt zu einer Haltung hoher Ablehnung bei den Eltern, da dies als großes Risiko für die Kleinen und ihre Familien angesehen wird.
In Bezug auf die Situation des FUNDECAM-Arbeitsteams haben wir eine angemessene Koordinierung erreicht, um sowohl auf die Gemeinden als auch auf die Anforderungen der öffentlichen Dienste zu reagieren. In diesem Zustand behalten wir die Aktivitäten bei, die sowohl Schulen als auch Kindergärten zugewiesen wurden.
Abschließend möchten wir uns bei Ihnen für Ihre Besorgnis bedanken und Sie herzlich umarmen, in der Hoffnung, dass diese gesundheitliche Komplikation Sie nicht betroffen hat und wir diesen Weg der Zusammenarbeit und Solidarität fortsetzen, den wir seit so vielen Jahren verfolgen.
Lage in Cusco / Peru
von Ana-Maria Galiano Gutierrez, FUNDACIÓN CRISTO VIVE PERÚ 05.04.2020
Hier in Cusco müssen die meisten Menschen die seit dem 15. März von der Regierung ergriffenen vorbeugenden Maßnahmen, SOZIALISOLIERUNG + HÄNDEWASCHEN + QUARANTÄNEBESTIMMUNG, einhalten. Polizei und Armee kontrollieren die Straßen und öffentlichen Plätze… alles ist eingeschränkt. Es gibt immer noch Menschen, die sich verantwortungslos verhalten und infolgedessen hat die Armee jetzt den Befehl, ungehorsame Menschen zu erschießen … Nun, wir Frauen, wir können nur von Dienstag bis Donnerstag und samstags ausgehen, Männer von Montag bis Mittwoch und freitags, um Lebensmittel oder Medikamente zu kaufen – HEUTE, PALMSONNTAG, IST ES UNS VERBOTEN, DIE HÄUSER ZU VERLASSEN. Jeden Tag ab 18 Uhr herrscht völliger Stillstand aller Aktivitäten, in anderen Städten bereits ab 16 Uhr. Gegen diejenigen, die diese Maßnahmen nicht einhalten, wurden Sanktionen verhängt. Dies ist der einzige Weg, um den Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems zu vermeiden und die Todesfälle durch Covid-19 zu minimieren. Diese Maßnahmen sind bis zum 13. April streng. Wir wissen nicht, was als nächstes passieren wird. Die getroffenen Entscheidungen basieren auf den statistischen Ergebnissen, die an diesem Datum vorgelegt werden (…).
Säit MëttMäerz hu mir eis Equipe-Versammlungen all Woch online. Mir schaffen all vun doheem aus. Administrativ Aufgaben kann een jo och vun doheem auserleedegen. Mee mir hunni eis vill Gedanke gemaach, wéi een iwwerhaapt kann per Computer en Theaterworkshop ubidden. Virun allem well eis Kanner aus dem Aarmevéirel jo net all e Computer hunn an zudeemmeeschtens nach eng schlecht Internetverbindung. Wichteg war et eis, egal wéi, mat de Famillen telefonesch a Kontakt ze sinn, fir ze wëssen, wéi et hinnen moralesch an finanziell geet. D’Vilma, eis Mataarbechterinass also eis Haaptverantwortlech fir de Kontakt mat den Famillen.
D’Vilma ass a Kontakt mat den Elteren.
Mir kruten och e gudden Feedback vun de Mammen: si si frou, dass iwwerhaapt een no hinnen freet an déi meeschthunn eis uvertraut, dass se keng Aarbecht méi hunn. Mir als Equipewëssen, dass et déi nächst Méint zimmlech haartgëtt fir déi Famillen, déi souwisouschonn un der Aarmutsgrenzgeliefthunn. Dofir hu mir och spontan entscheet, fir d’Bensinsgeld vum Bus (deen jo souwisou net gebrauchtgëtt) ze huelen, fir Liewensmëttelanzekafen: Mëttlerweil konnte mer un 6 Famillen eng Tut mat Iesswueren, Seef an Toilettëpabeieriwwerginn. Och schaffe mer enk mat der capilla Cristo Vive zesummen, e sozialt Netzwierk ass entstan. De Projet Teatrobus ass jo en soziale Projet. Doduerch hu mir och entscheet, dass all eis Mataarbechtertrotzdeem hier Pai weider kréien. Jiddwereen huet seng Funktioun a schafft vun doheem aus. Säit Abrëll si mir am Gaang ze plangen, wéi eis Workshopen kennen weider lafen – online! Mir hunn et fir onméiglech gehal, iwwer Computer mat de Kanner Theater ze spillen. Mee näischt ass onméiglech. An obwuel eis 1. Teatrobus-online–Versammlung mat de Kanner den totale Chaos war, a bei eisem 1. Versuch just 2 Kanner et fäerdeg bruecht hunn, sech anzeloggen, hu mir net opginn.
Jugentheatergrupp online
Technesch gesinn ass dat Ganzt eng riseg Erausfuerderung, well ëmmer op d’manst ee Kand näischt um Bildschierm gesäit, oder eis net héiert, oder d’Verbindung matten am Gespréich zesumme brécht, oder keen iergend eppes versteet wéinst dem schlechten Audio. Mee mir si mat den Elteren intensiv drun, dass si eis mussen ënnerstëtzen an hire Kanner hëllefen, fir sech anzeloggen. An mir haten de läschte Freiden e groussen Erfolleg: 20 Kanner, opgedeelt an 2 Gruppen waren online a konnten Kierperübungen maachen, danzen a geléiert, mat eiser Prof dem ROSY, aus enger Fixfeieschkëscht en Mini Theater ze bastelen.
Jugentheatergrupp, online
Och ech konnt aus mengem Büro eng Liveschaltung maachen an per Bildschierm mäin Märchen virspillen. Dat ass alles ebëssen ongewinnt, mee besser wéi näischt. Eis geet et drëm de Kanner och an der Quarantaine kënne Fräiraum fir Kreativitéit unzebidden an einfach fir si do ze sinn an hinne no ze lauschteren. D’Kanner hunn en immenst Bedürfnis, fir kënnen ënnert eneen ze schnëssen, an mir si frou, wa mer eis all um Bildschiermgesinn. An eis jugendlech Meedercher vun der professioneller Theatergrupp, mat deenen prouwe mir online weider un eisem Theaterstéck, fir dass si net den Text vergiessen. Wat den Fraenatelier ubetrefft, sinn ech am Gaang z’iwwerleeën, zesummen mat enger Psychologin, e virtuellen online “Nolauschter-Krees“ ze organiséieren, wou d’Mammen matenee schwätzen, hir Suergen deelen an sech einfach géigesäiteg nolauschtere kënnen.
Diane, Märchenerzählerin
Et si komesch Zäiten, déi geschwënneriwwer ginn. Hoffentlech! Mir sinn also no enger 1. Depressioun an der Equipe wéinst der grousser Erausfuerderung elo stolz op eis, dass mir all Freiden online sinn an d’Kanner gutt matmaachen. Hei e puer Fotoen am Anhang. Och de link vun youtube vum Märchen fir eis Kanner.https://www.youtube.com/watch?v=yPr-57JyX_Q
Eng mega Chance hate mer, wéi de Carlo Krieger, Ambassadeurvu Lëtzebuergfir Brasilien a Chile, mech kontaktéiert huet a mir 2000 Eurogespentkruten, fir kënne Liewensmëttel ze kafen an un déi äermste Famillen ze verdeelen. Dës 2000 Euro sinn anscheinend vum Cocktail vun der Ambassade fir Nationalfeierdag iwwreg, deen se hu missen ofsoen.
Et kennt och elo en Artikel hei an d’Zeitung “Condor“ , eng däitsch–chilenesch Zäitschrëft,iwwer eisen online–Theater!
Mir féieren jo dëst Joer eis 10 Joer Teatrobus. Mir wëllen dat net virtuell maachen. Mol kucken, wéini sech erëm alles normaliséiert. Mir rechnen domat, dass elo dat Schlëmmst eréischt kënnt, wéinst dem Wanter an dass mir vläichtsou am September erëm kënne richteg Theater maachen.
Wéi et hei weider geet , weess keen. Hoffe mer dat Bescht!
Léif Gréiss an huelt iech Zäit, fir och mäin perséinlechen Bericht zur Lag hei am Chile ze liesen. Merci.
Ech hoffen, iech geet et och de Ëmstänn entspriechend gutt. Vill Spaass am “déconfinement“ zu Letzebuerg 🙂
Momentan ass hei grad ganz Santiago a Quarantaine. Als Famill si mir scho säit Mëtt Mäerz fräiwëlleg doheem, et ass jo och keng Schoul. Säit 2 Wochen ass et awer lo Quarantaine-Flicht, an et muss een doheem bleiwen. Et däerf een net em de Bloc mat de Kanner spazéire goen. Fir akafen ze goen, oder bei den Dokter ze fueren, brauch een eng polizeilech Erlabnis, déi ee per Internet kritt. Nuets ass Ausgangsspär, d’Militär ass op de Stroossen, a vill Leit sinn dankbar dofir, well si anscheinend fir méi Sécherheet suergen. De chilenesche Gesondheetsminister an de Präsident Piñera hu wärend 2 Méint d’Leit versicht ze iwwerzeegen, dass se awer solle schaffe goen, dass d’Ekonomie net däerf stëll stoen, dass d’Kanner erëm an d’Schoul missten. Gläichzäiteg hunn se just vereenzelt Gemenge vu Santiago an Quarantaine gesat. De Sënn dovun huet kee verstan, well d’Vollek jo eigentlech wëll, dass d’Leit endlech all doheem bleiwen an dass ganz Santiago soll a Quarantaine sinn. Eng Moossnam, déi de Staat awer réischt säit 2 Woche geholl huet. Bei 6 Milliounen Awunner ass et och schwiereg, d’Situatioun an de Greff ze kréien, virun allem wann vill Meschen all Dag mussen op der Strooss hir Saachen oder Iesse verkafen, fir kënnen hir Famill ze ernären. Meng Frënn ginn een nom aner aarbechtslos, an de Staat hëlleft deenen Äermste mat engem jämmerlechen Noutstands-Bonus, deen e puer Leit kréien an anerer net. Chile bretzt sech jo och no baussen, well anscheinend esou “wéineg“ Doudeger hei wieren. Lo gouf et da kierzlech e Skandal wéinst falschen Ëmgang mat den Doudeszuelen. Dat ass ee jo hei souwisou gewinnt. D’Gesondheetspersonal schwätzt vun iwwerfëllte Klinicken. De Wanter steet virun der Dier, dat Schlëmmst wär ze erwaarden. Ech weess éierlech gesot net, wivill Doudeger mer hei hunn, ech kucke keng Noriichten. Ob de Corona Virus dann elo wierklech vill Doudeger mat sech brénge wäert, ob en erfonnt gouf vun den Amerikaner oder de Chinesen, oder ob alles just e grousse weltwäite Fake ass, dat ass fir mech perséinlech am Fong an Tëschenzäit net méi wichteg ze wëssen: Tatsaach ass, dass hei am Chile katastrophal Folgen duerch d’Corona Kris ze spiere sinn. Ugefaange bei der neier Kriminalitéit op de Stroossen, Schéissereien direkt nieft eisem Haus, op hellliichten Dag tëscht Drogebanden! D’Grenzen si jo lo zou an Droge méi deier ginn. Meng Kanner hunn also geléiert, bei Schëss sech op de Buedem ze geheien :- ( Do wou ech wunnen, war dat eigentlech bis elo net normal. Nuets héiert ee Sireenen iwwerall, an se fuere mam Desinfektiuonscamion laanscht a besprëtzen eis…ech froe mech mat wat, well eis a ville Frënn deet nonstop de Kapp wéi. Do kann een sech emol Suerge maachen, mat wat mir do besprayt ginn. An wat grad ganz dramatesch ass, sinn déi dausende vun eenzele Schicksaler am Armevéirel, well d’Leit hu keng Aarbecht méi, keng Pai, keng sozial Hëllef.
Verdeele vu Liewensmëttel
De Frigo ass eidel bei deenen äermste Famillen an d’Liewensmëttel kaschte mëttlerweil dat Duebelt. An da kennt nach derbäi, dass d’Leit op enkstem Raum wunnen: Stellt iech nëmmen all déi enk Haiser am Armevéirel vir, wou se lo mussen d’Quarantaine aushalen. D’Ënnerstëtzung vum Staat ass en eenzege Witz, e puer Këschte mat Iesswuere gi verdeelt. Mee et misst jo eigentlech sozial Hëllef vum Staat ugebuede ginn. Wann de Staat seng Gelder géif anstänneg verdeelen, bréichte mer keng Liewensmëttelkëschten ze verdeelen. Mëttlerweil gëtt a ville ‘’poblaciones’’ (Aarmevéirel) ëmmer de Weekend eng ‘’olla común’’ organiséiert. Dat si sozial Aktioune vun den Noperen, déi sech zesummen doen, a fir d’ganz Noperschaft mat kachen. Ween näischt z’iessen huet, ka mat sengem Dëppen dohi goen an sech déi néideg Portioune mat heem huelen. D’Vollek hëlleft dem Vollek. Méindes owes um 21.00 Auer héiert een aus den Haiser déi berüümt ‘cacerolazos’, d’Leit schloe mam Bräiläffel op d’Dëppe fir ze protestéieren. Dat ass jo déi chilenesch Aart a Weis, vun doheem aus opmierksam ze maachen op d’Ongerechtegkeeten an déi sozial Ënnerscheeder. D’Manifestatiounen, déi sech säit Oktober 2019 zu enger grousser Revolt entwéckelt haten, fir en wierdege Chile, si mat der Corona Kris vun engem Dag op deen aner erstéckt ginn. D’Policepresenz am Zentrum vu Santiago ass massiv, sou dass et onméiglech ass, sech bei der mëttlerweil symbolescher ‘’Plaza Dignidad’’ ze treffen an ze protestéieren. Bleift doheem, heescht et. Dëse Virus koum dem Präsident also wéi vum Himmel gefall. Hien huet och direkt am Mäerz entscheet, dass de Plebizit muss ofgesot ginn. Den historesche Plebizit, fir eng nei Verfassung, deen d’Chilenen sech duerch massiv Manifestatiounen erkämpft hunn, ass also verluecht, mam Argument, dass d’Leit net däerfen ze no beienee sinn.
Protest um Daach vum Haus
Gläichzäiteg fueren awer all Dag Milliounen Aarbechter mam Metro op enkstem Raum schaffen. D’Logik vum Staat versti mir hei net. Den 1. Mee hu vereenzelt Manifestante versicht opmierksam ze maachen, op deen inkompetenten Ëmgang vun der Regierung mat der Corona Kris. Mee wien op d’Strooss geet, leeft e grousse Risiko, festgeholl ze ginn. Och mëttlerweil sinn eenzel Journaliste vun der onofhängeger Press am Prisong. Et geet drëm, dass am Chile ëmmer méi zenséiert gëtt an déi sozial Netzwierker vum Staat iwwerwaacht ginn. Eis Meenungsfräiheet schéngt a Gefor ze sinn. Den Honger gëtt ëmmer méi grouss. Et brodelt am Vollek. Wéi laang d’Leit nach brav doheem bleiwen, weess keen. Wat geschitt, wann geschwënn ëmmer méi Mënsche verzweiwelt a rosen op d’Strooss gi fir ze manifestéieren an op massiv Policegewalt treffen, wëll ech mer léiwer net virstellen. Mee mir ginn net op. Bausse vu mengem Haus hänkt e grousst Plakat, wou drop steet: ‘’En cuarentena, pero despiertos. Volveremos’’ (Dat heescht op Lëtzebuergesch, dass mir zwar an der Quarantaine, also ‘’agespaart’’ sinn, mee waakreg, oder ‘’wachsam’’ sinn, an dass mer, wann des Corona Kris eriwwer ass, erëm zeréck op d’Stroosse wäerte goen, fir weider ze manifestéieren an eis anzesetzen fir en wierdege Chile.
Doch auch wenn die Straßen vorerst leer sind und Piñera provokativ ein Foto von sich selbst auf der Plaza Dignidad1, dem Symbol der Protestbewegung, twitterte, ist der Kampf der Chilenen noch nicht vorbei, er hat sich derzeit lediglich auf andere Bereiche verschoben. Die Pandemie könnte die Situation sogar noch eskalieren lassen, denn die Krise des Gesundheitssystems, private soziale Sicherungssysteme, prekäre Beschäftigung und soziale Ungleichheit spitzen sich nun dramatisch zu.
Grund dafür ist auch die Struktur des Staates, der in der Diktatur zum „Anti-Sozialstaat“ umgebaut wurde. Chilenische Sozialwissenschaftler nennen ihn den „Estado subsidiario“, der dem Markt nach Möglichkeit alle Wirtschafts- und Lebensbereiche überlässt und nur eingreift, wo der Markt versagt. Laut Emmanuel Farías Carrión und Juan José Moreno Figueras würden soziale Rechte somit zu Konsumgütern, deren Indienstnahme bezahlt werden müsse. Dies hat nicht nur zu der breit kritisierten und erheblichen Ungleichheit in Chile geführt, sondern auch dazu, dass der Staat in Krisenzeiten wie der jetzigen kaum noch handlungsfähig ist.