Santiago de Chile
Einfach mal anfangen mit Theater spielen und Spaß haben! So begann das Projekt TEATRO-BUS vor jetzt fast schon 5 Jahren an. Damals dachte ich mir: “Wenn ich nicht selbst an mein Projekt glaube, wer dann?” Anfangs fehlte es erstmals an finanziellen Mitteln. Aber ich hatte die tiefe Überzeugung, dass das Theater Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gibt, selbst Wege aus der Armut zu finden. Und so legte ich also einfach los: eine minimalistische Aufführung, damals noch ohne Vorhang und ohne Bühnenlicht, ließ alle Kinderaugen strahlen. Das Selbstbewusstsein der mitwirkenden Kinder wuchs mit jedem Publikumsapplaus.
Inzwischen kennt man uns hier im Armenviertel. Regelmäßige Theaterteliers, diverse Workshops wie Malerei, Tanz und Capoeira haben uns bekannt gemacht. Wie von alleine kamen in den letzten Jahren die verschiedensten Menschen auf das Projekt zu und haben es mit ihrem Beitrag wachsen lassen. Im Januar 2015 feiert Teatro-Bus sein fünfjähriges Bestehen. Wir blicken zurück auf viele kulturelle Aktivitäten, die im Armenviertel statt gefunden haben, ein Farbtupfer im schwarz-weißen Alltag der Menschen.
Wenn ich durch die Straßen gehe, bin ich immer noch schockiert über das Elend, den Müll vor den Häusern, das trostlose Dasein vieler Menschen, die gefangen scheinen in einem Viertel, das ihnen kaum etwas bietet. Dieser tägliche Überlebenskampf, die Präsenz von Drogen und Alkohol in den meisten Familien, lässt die Menschen scheinbar apathisch werden. Aber es kann nicht sein, dass Kinder miterleben müssen, wie jemand öffentlich Drogen konsumiert oder schlimmer noch, wie Drogenbanden sich Schießereien auf offener Straße liefern.
“Was ist das, Theater?”, fragte mich einmal eine Mutter, deren jugendlicher Sohn ab und zu bei uns vorbei schaut. „Theater ist spielen, der Fantasie freien Lauf lassen und sich vom Alltag loslösen. Wenn wir Thea-ter mit den Kindern spielen, dann heißt das für uns, vor allem sich gegenseitig respektieren, Kind sein dürfen, gemeinsam lachen, geschützt vor der kriminellen Außenwelt“, war meine spontane Antwort.
Unsere größte Herausforderung ist es, die Kinder und Jugendlichen für das Projekt zu begeistern. Familien- und Hausbesuche sind notwendig, um intensiv Elternarbeit zu leisten, damit die Kinder bei uns teilnehmen dürfen. Viele erlauben ihren Kindern überhaupt nicht, abends aus dem Haus zu gehen wegen der lauernden Gewalt. Wir sind aber hartnäckig und überzeugen die Eltern immer wieder, ihren Kindern Freiraum zu lassen. Inzwischen haben wir eine feste Theatergruppe, die seit Beginn dabei ist. In unserem Dokumentarfilm über das Projekt (zu sehen auf YouTube: teatrobus chile) erzählen die Kinder, wie das Theater ihr Leben und ihre Einstellung verändert hat. So berichtet die zehnjährige Alon-dra, dass sie durch die Theaterarbeit ihre Schüchternheit überwunden hat und nun keine Angst mehr hat, nach außen hin zu zeigen, wer sie wirklich ist. Javiera lädt alle Kinder ein, am Projekt teilzunehmen, da es ein Ort ist, an dem ‘nichts Schlechtes’ passiert. Marta, deren Vater gestorben ist und deren Bruder die Familie unter anderem mit Kleindiebstählen unterhält, erzählt vor der Kamera, dass die Mathematik vielleicht auf den ersten Blick wichtiger erscheint als das Theater. Doch sie ergibt sich dem Theaterspielen zu 100 %, denn das Theater kann man fühlen, die Mathematik nicht.
Unterstützung bekommen wir von der Luxemburger asbl. “andamos”, dem Fitnessclub “Just move” und einigen treuen privaten Spendern aus Luxemburg und Deutschland. Inzwischen konnten wir auch „Niños de la Tierra asbl.“ von unserer Arbeit überzeugen und bekamen für 2014-2015 eine großzügige Spende. An uns wird also geglaubt. Dank dieser diversen finanziellen Unterstützungen konnten wir in den letzten Jahren das Ganze professionell aufbauen. Somit folgt nun auch 2015 die Einstellung einer Psychologin. Für den Kauf eines Minibusses, das eigentliche Herz des Projektes, sammeln wir fleißig Spenden. Dieser Theaterbus wird hoffentlich bald in allen Farben glänzen und viele Menschen im Armenviertel mit präventiven Theaterstücken erreichen und öffentliche trostlose Plätze kulturell bereichern. Unser Bus, den wir dank Eurer Unterstützung demnächst kaufen können, wird dafür sorgen, dass chilenische Kinder und Jugendliche mittels des Theaters ihre Rechte kennen lernen. Konkret arbeiten wir gerade an der Entwicklung eines Theaterstückes zum Thema „Sexueller Missbrauch“.
Auf dem Weg zu unserem Ziel stehen immer wieder Hürden, die wir tapfer meistern müssen. Diese Hürden sehe ich mittlerweile als Chance für das Projekt, weiter zu wachsen. Wenn man weiß, was man will, geht es immer bergauf. Es freut mich sehr, meine Erfahrung hier mit allen treuen Lesern des Nitis-Info und Spendern teilen zu können. Gerne können Sie auch direkt mit uns Kontakt aufnehmen:
teatrobus.chile@gmail.com
‘saludos’ aus Chile.
Diane Catani, Anita und Enri
Weitere Informationen unter:
www.teatrobus-chile.com