NEUE CHILENISCHE VERFASSUNG MIT GROβER MEHRHEIT ABGEWIESEN

Die Umfragen behielten Recht. 62 Prozent der Stimmen, die am Sonntag, dem 4. September 2022 in den Wahllokalen Chiles abgegeben wurden, waren gegen die neue Verfassung. Diese war von 154 vom Volk freigewählten Vertretern geschrieben worden. Sie sollte endlich Schluss machen mit den Gesetzen aus der Zeit von Diktator Pinochet (1973-1999). Heben wir hervor, dass seit dessen Herrschaft Grundrechte wie Bildung, Gesundheit, Rente, Zugang zu sauberem Wasser in privater Hand liegen. Auch haben die indigenen Gemeinschaften wie etwa die von Niños de la Tierra unterstützten Mapuche kein Selbstbestimmungsrecht.

Unsere chilenischen Freunde, die seit gut 40 Jahren für die Menschen der Armenviertel Sorge tragen, sind entsetzt über das Wahlresultat. «Es hat sich in den vergangenen Monaten wieder gezeigt, welche Macht das Kapital hat, um millionenschwer Kontrapropaganda gegen die Verfassung zu finanzieren », schreibt unsere Freundin Karoline Mayer, treibende Kraft der Fundación Cristo Vive, des größten Sozialwerkes Chiles.

Gabriel Boric, der neue Präsident, seit März 2022 im Amt, hat eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Doch aufgeben will der 36 jährige, neue linke Hoffnungsträger und frühere Studentenleader nicht. Deshalb hat er sein Kabinett umstrukturiert und umstrittene Politiker durch moderatere ersetzt. Er möchte sein schmales Land am Ende Südamerikas vom Neoliberalismus hin zu einem sozialen Rechtsstaat führen, Er wird versuchen, einen neuen Verfassungsprozess anzustoßen mit gemäßigteren Gesetzen. Damit diesmal seine Politik einen starken Rückhalt im Volk findet.

Michel Schaack