«SONQO WASI II»

Psychologische, juristische, medizinische und soziale Hilfe für Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt wurden

2013 – 2016

Partnerorganisation: FUNDACIÓN CRISTO VIVE Perú, Cusco
Budget: 319.484,05 € co-finanziert durch die Luxemburger Regierung

Das Projekt «SONQO WASI (1)» 2009–2012 der Fundación Cristo Vive Perú diente dem Bau und der Einrichtung des Zentrums für integrale Entwicklung von Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden in Cusco, Peru.

Das «Sonqo Wasi» möchte den misshandelten Frauen nicht nur eine kompetente und professionelle Hilfestellung anbieten sondern darüber hinaus ein Ort voller menschlicher Wärme, Zuwendung und Verständnis sein, in dem die Frauen zusammen mit ihren Kindern ihre traumatischen Erlebnisse aufarbeiten können. Die Frauen und auch die Kinder erhalten während dieser Zeit psychologische Betreuung, damit sie ihre verlorene Selbstachtung wiedergewinnen und so ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen können. Um den Frauen den Start in einen neuen Lebensabschnitt zu erleichtern, können sie während ihres Aufenthaltes im Frauenhaus an verschiedenen Ausbildungskursen teilnehmen, um somit ihre Chancen auf eine Arbeit und auf finanzielle Unabhängigkeit zu erhöhen.

Frauenhaus
Das vorliegende Folgeprojekt «SONQO WASI (2)» 2013 – 2016 ist als Konsolidierungs- und Ausbauprojekt konzipiert.
Familiäre und sexuelle Gewalt sind in der peruanischen Kultur (leider) noch immer stark verwurzelt. Den Männern wird stillschweigend ein quasi natürliches Recht auf Dominanz zugesprochen und Gewaltanwendung gegen Frauen und Kinder gehören sozusagen zur Privatsphäre. Diese Meinung ist sowohl im städtischen wie im ländlichen Raum weit verbreitet. Kein Wunder also, dass viele Frauen ihre Aggressoren aus Angst vor sozialer Ausgrenzung nicht anzeigen.
Glücklicherweise ist die Problematik auf Grund der Arbeit sozialer Vereinigungen, insbesondere der Frauenorganisationen, in der öffentlichen Meinung angekommen und wird auch von den Behörden ernst genommen. So stieg die Zahl der staatlichen „Centres de Emergenzia de la Mujer“ zwischen 2004 und 20011 von 38 auf 128. Auch sieht der „Plan zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen 2009 – 2015“ die Schaffung vieler zusätzlicher Anlaufstellen für Gewaltopfer vor, nur hinkt seine Verwirklichung den Vorgaben stark hinterher. So gibt es im ganzen Departement Cusco neben dem „Sonqo Wasi“ nur ein einziges funktionsfähiges Frauenzentrum. Negativ ist des Weiteren der erhöhte staatliche Bürokratismus. Besonders viele wenig gebildete Frauen vom Land lassen sich davon abschrecken.

Mütter
Die Fundación Cristo Vive Perú möchte vor allem den misshandelten Frauen und ihren Kindern eine menschliche, unbürokratische Anlaufstelle sein sowie eine möglichst integrale Betreuung anbieten. Dabei sollen psychologische, juristische, soziale, medizinische, kulturelle und erzieherische Aspekte berücksichtigt werden. Dazu kommt noch die Arbeit mit den Tätern: Zweimal pro Monat treffen sie sich zur Gruppentherapie. Daneben wird noch auf Wunsch Einzel- oder Paartherapie angeboten.
Eine ambulante Betreuung bietet sich an in den Fällen, wo die Misshandelten eine Möglichkeit sehen, ihre Situation und ihre Problematik selbst in die Hand zu nehmen und im Kreis der Familie zu lösen. Ihnen stehen eine Sozialarbeiterin, eine Psychologin und eine Anwältin zur Verfügung.
Sind die Frauen und ihre Kinder aber einer akuten ernsten Gefahr für ihre Gesundheit oder sogar für ihr Leben ausgesetzt und genießen sie außerdem keine Unterstützung durch ihre Familie, so ist eine Aufnahme im „Sonqo Wasi“ unumgänglich. Hier ist ihnen bis zu 4 Monaten – in Ausnahmefällen bis zu 6 Monaten – Zeit zur Aufarbeitung Ihrer traumatischen Erfahrungen und Gelegenheit für einen Neuanfang gegeben.
Während ihres Aufenthalts sind die Frauen für das gute Funktionieren des Zentrums verantwortlich. Unterstützt werden sie dabei vom Personal des «Sonqo Wasi» sowie von freiwilligen Helfern, vor allem aus Deutschland aber zurzeit auch aus Luxemburg. In der Tat: Tonie Schweich hat sich im Rahmen des Freiwilligenprogramms von Niños de la Tierra und dem Service National de la Jeunesse zu einem Jahr Freiwilligendienst in Cusco verpflichtet. Ihr Blog www.tonieenperu.weebly.com vermittelt mit vielen Fotos und kommentierendem Text in Luxemburger Sprache einen guten Einblick in das tägliche Leben im Zentrum.
Nach erledigter Hausarbeit erhalten die Frauen aber auch Gelegenheit, ihre sprachlichen, schriftlichen und rechnerischen Fähigkeiten zu verbessern. Auch Alphabetisierungskurse werden angeboten. Für die Kinder gibt es Nachhilfe- und Aufgabenunterricht sowie Frühförderung für die ganz Kleinen. Daneben gibt es Therapie- und Freizeitateliers wie Tanz, Theater, Malerei usw.

Kinder Frauenhaus
Ganz wichtig für die Zukunft der Frauen ist die Aussicht auf ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit von ihren früheren Partnern. Während 6 Tagen pro Woche werden ihnen eine Reihe handwerklicher Ateliers angeboten wie Kochen, Backen, Kunsthandwerk, Kleider nähen usw. Ein hauseigner Garten gibt Gelegenheit zum biologischen Anbau von Gemüse, Gewürz- und Heilkräutern. Eine professionelle Backstube sorgt für den Eigenbedarf an Brot und Gebäck; daneben werden noch zwei Drittel der Produktion verkauft und helfen so dem Zentrum, sich teilweise selbst zu finanzieren und den Frauen ein kleines Einkommen zu garantieren.
Eine große Hilfe bei der sozialen Reintegration ist die Selbsthilfegruppe «Sonqo Wasi-Warmikuna» in welcher frühere Bewohnerinnen des «Sonqo Wasi» auf freiwilliger Basis ihren Schicksalsgenossinnen beim Beginn eines neuen Lebensabschnitts helfend und beratend zur Seite stehen. Im Laufe der Jahre ist auf diese Weise ein Netzwerk entstanden, das den Frauen beim Eintritt in die Selbständigkeit die Gewissheit vermittelt, nicht auf sich allein gestellt zu sein.
Schlussendlich möchte die Fundación Cristo Vive Perú einen nachhaltigen Beitrag in Sachen Prävention und Mentalitätswechsel leisten. In Zusammenarbeit mit staatlichen oder gemeinnützigen Institutionen wie z.B. der Polizei oder Frauenorganisationen aus den Stadtvierteln in der Umgebung des Frauenzentrums werden Vorträge und Ateliers über familiäre Gewalt angeboten ebenso Kurse über Verhütung von Sexualmissbrauch und AIDS für Schüler, Lehrer und Eltern in verschiedenen Schulen.

Prävention
Das Gesamtbudget dieses Projektes liegt bei 319.484 Euro wobei die Personal- sowie die Unterhaltskosten den größten Teil bilden. Das Projekt wird zu zwei Drittel vom Luxemburger Staat cofinanziert.

marcel kohn