ES GEHT WEITER IN TIRANI … Unser neues, kofinanziertes Folgeprojekt versucht Nachhaltigkeit zu fördern.

Versammlung der „dirigentes“ in Taquiña Chica

Seit nunmehr bereits 9 Jahren unterstützt Niños de la Tierra asbl (NITI) die Arbeit unseres Partners Fundación Cristo Vive Bolivia (FCVB) in der Randgemeinde Tirani, auf den Anhöhen nördlich von Cochabamba. Diese Gemeinschaften leiden besonders unter folgenden Problemen: hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Löhne und schlechte Ausbildung, Alkoholismus und häusliche Gewalt, schlechte schulische Infrastruktur und fehlende Betreuung der Kleinkinder, schlechte schulische Bildung der Frauen (welche jedoch die Hauptlast der Erziehung der Kinder tragen, meist ohne deren Väter).

Provisorische Kinderbetreuung in Taquiña Chica

Um dieser Problematik Herr zu werden, hat die FCVB seit Jahren begonnen, in die Betreuung der Kleinkinder zu investieren, die Mütter «mit ins Boot zu nehmen» durch eine Ausbildung als Erzieherinnen in dem Kinderhort «Ch’askalla» (von NITI 2011 finanziert), sowie die Einnahmen der Familien zu erhöhen durch kleine Agrikulturprojekte. Wir verweisen hier auf unsere Berichte im INFO 2/18 sowie INFO 4/18.

Bereits am Ende unseres zweiten Projektes in Tirani (2018) war sowohl uns selbst als auch der FCVB bewusst, dass, wenn man langfristig etwas «Nachhaltiges» erreichen wollte, es nicht weitergehen konnte mit einer «Dauerfinanzierung» aus Europa. Auch verlangen die jetzigen Kriterien unseres Entwicklungshilfeministeriums (zur Kofinanzierung eines Projektes), dass dieses langfristig «nachhaltig» sein muss. Nun kann man natürlich argumentieren, dass die pädagogische Betreuung der Kinder und Jugendlichen Sache des jeweiligen Staates ist, was ja auch eigentlich stimmt. Jedoch muss dann auch der betreffende Staat im Stande sein, Strukturen und Gelder zur Verfügung zu stellen, um dies zu verwirklichen.

Nun denn: Allen etwaigen negativen Aspekten zum Trotz, welche die jetzt schon länger währende Amtszeit von Evo Morales betreffen, muss man dem bolivianischen Präsidenten zugute halten, dass sehr viel getan wurde, um die Grundrechte der Bolivianer zu fördern. Dies trifft besonders auf das Recht auf Bildung zu. Auch im Bereich der Frühförderung der Kleinkinder tut sich was in Bolivien.

Dieser Umstand hat uns und der FCVB geholfen, neue Wege zu gehen in der Betreuung der Kleinsten in Tirani. In der Tat haben die FCVB und NITI schon vor dem Ende des vorigen Projektes beschlossen, die Personalkosten der Erzieherinnen und Köchinnen des Kindergartens Tirani durch bolivianische «Boni» (= Monatszuschüsse) zu finanzieren und nicht mehr durch bezuschusste Gelder: Dies führte natürlich zu Unzufriedenheit und Protest, da bis dato alle Angestellten in Tirani nicht nur ihre Ausbildung, sondern auch ihre Monatslöhne durch das Projekt (von NITI) bezahlt bekamen. Allerdings war für uns klar, dass, wenn wir in Zukunft nachhaltig weiterfahren wollten mit der Kinderbetreuung, lediglich diese neue Finanzierungsstrategie möglich war. Anfangs waren die Einbußen für die betroffenen Erzieherinnen erheblich. Allerdings wissen wir seit kurzem, dass die «Boni» substantiell erhöht wurden und so ein guter Ausgleich gefunden wurde.

Aus diesen Notwendigkeiten heraus, und in Anbetracht des großen Anklangs des Kinderhorts in Tirani (die Nebengemeinden Andrada und Taquiña Chica wollten ebenfalls eine solche Kinderbetreuung !), haben die FCVB und NITI dann Ende 2018 beschlossen, ein neues Projekt zu erarbeiten, zwecks Kofinanzierung durch das luxemburgische Kooperationsministerium.

Befragung der Einwohner von Taquiña Chica

 

Die Gruppe der interessierten Frauen aus Andrada

Das neue Projekt hat nun folgende Eckdaten, welche sich voll in die luxemburgische Entwicklungszusammenarbeit einfügen, und auch deshalb zur Kofinanzierung angenommen wurden:

Hauptzielsetzung ist die Verbesserung der Lebensumstände («Vivir Bien») in den Gemeinschaften Tirani, Taquiña Chica und Andrada.

Dies geschieht durch die spezifischen Zielsetzungen:
1. Nachhaltige qualitativ hohe Kinderbetreuung der Kleinkinder unter 5 Jahren;
2. Verbesserung der Einkünfte der Familien ;
3. Stärkung der Verwaltungskompetenzen und der sozialen Kontrollmechanismen der Gemeinschaften.

Um diese Zielsetzungen zu erreichen, müssen die Strukturen in Tirani (wo ja schon ein gut funktionierender Kinderhort besteht) gefestigt werden, neue Kindergärten in Andrada und Taquiña Chica geschaffen werden. Wenigstens 16 Personen aus den jeweiligen Communidades sollen zu Erzieherinnen respektiv Köchinnen ausgebildet werden. Die 3 Gemeinschaften müssen begleitet und gestärkt werden, da sie ja ab jetzt die alleinige Verantwortung «ihrer» Kindergärten gegenüber den öffentlichen Instanzen haben. Die Eltern, besonders die Frauen werden über die Elternschulen mit in die Verantwortung genommen und schlussendlich werden auch noch ihre Einkünfte erhöht werden.

Schulung der Elterngruppe in Andrada

So sieht denn auch das neue Projekt die Betreuung von 190 Kindern in den 3 Strukturen vor. Die Kleinen werden nicht nur liebevoll und «holistisch-integral» betreut, sondern erhalten auch eine gesunde Ernährung sowie eine Basisgesundheitsversorgung im Centro de Salud in Tirani. An die 200 Familien sollen für die Betreuung ihrer Kinder sensibilisiert sowie ca. 16 Frauen als Erzieherinnen ausgebildet werden. Wenigstens 60 Familien sollen im Laufe des Projektes ihre Einkünfte – im Agrikulturbereich sowie im Verkauf von selbstgebackenem Brot – verbessern.

Technische Beratung durch die Agronomin

Atelier für die Zubereitung von Milchprodukten

20 Verantwortliche der Sindicatos Agrarios sollen in Punkto Kompetenzen im öffentlichen Bereich geschult werden.

Damit das ganze Projekt auch zukünftig auf soliden Beinen steht, muss die FCVB (mit ihrem eingespielten Team) auch weiter intensiv begleitend und beratend zur Seite stehen. Nur durch diese «aktive Begleitung», so glauben wir und die FCVB, wird dieses sehr schöne und zukunftsorientierte Projekt wirklich «nachhaltig», im Sinne von «sich selbst tragend und überlebensfähig».

Unser Ministerium hat sich unserer Sicht der Dinge angeschlossen und kofinanziert dieses Folgeprojekt (2019 – 2022) zu 60 % (= neue Kriterien der luxemburgischen Entwicklungshilfe).

Das gesamte Projekt beläuft sich auf 324.058,60 Euro, wovon NITI 129.623,44 Euro tragen muss. Wir sind also auch in Zukunft auf Ihre Spenden angewiesen und glauben, mit diesem Projekt sehr nahe bei den Leuten zu sein und gleichzeitig deren Selbstverantwortung zu fördern.

Jean-Paul Hammerel